| Fuchs Robert Aus der Alterswerkstatt des Serenaden-Meisters Duos und Kammermusik von Robert Fuchs
Obwohl er mit fünf Symphonien sogar eine mehr komponierte als sein unmittelbarer Zeitgenosse Johannes Brahms, ging er partout mit seinen ebenfalls fünf Serenaden für Streich-bzw. Kammerorchester in die Musikgeschichte ein: Vom „Serenaden-Fuchs“ ist nachwievor oft die Rede, wenn man den österreichischen Komponisten Robert Fuchs erwähnt. Seine Werke stehen heute äußerst selten auf den Konzertprogrammen, wohingegen viele seiner Schüler weltberühmt wurden. Erst in jüngerer Zeit beginnt man auch in Fuchs‘ umfangreichem Werkkatalog zu stöbern und so manches Juwel daraus – insbesondere im kammermusikalischen Bereich – zu Tage zu fördern.
Konsequent und wenig spektakulär verlief der Lebensweg des am 15.02.1847 im steirischen Frauental an der Laßnitz Geborenen. Er stammte aus einer hochmusikalischen Familie, war doch sein Vater Patritz Fuchs (1789–1867) Organist und Komponist mehrerer Sakralwerke. Sein älterer Bruder Johann Nepomuk Fuchs (1842–99) wirkte ebenfalls als Komponist, Dirigent an der Wiener Hofoper und Professor am Wiener Konservatorium. Nachdem Robert Fuchs für kurze Zeit in Graz als Lehrer gearbeitet hatte, ging auch er 1865 nach Wien, um bei Anton Bruckner, Felix Otto Dessoff und Joseph Hellmesberger zu studieren. Bereits zehn Jahre später wurde er selbst Theorieprofessor am dortigen Konservatorium; eine Position, die er 37 Jahre innehatte. Zu seinen Studenten zählten u. a. George Enescu, Edmund Eysler, Leo Fall, Richard Heuberger, Erich Wolfgang Korngold, Gustav Mahler, Eusebius Mandyczewski, Franz Schmidt, Franz Schreker, Jean Sibelius, Robert Stolz, Richard Strauss, Hugo Wolf und Alexander Zemlinsky. Neben seiner Unterrichtstätigkeit wirkte er als Dirigent der Konzerte der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (dem berühmten „Musikverein“), als Organist der Wiener Piaristenkirche und schließlich als k. k. Hoforganist. Wenige Tage nach seinem 80. Geburtstag starb Fuchs am 19.02.1927 in Wien, wo er ein Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof erhielt.
Woran es lag, dass Fuchs schon früh polarisierte, seine Werke teils – im Besonderen vom Kreisum Johannes Brahms – hoch geschätzt wurden, von anderen belächelt, lässt sich heute nur eingeschränkt anhand musikalischer Parameter ergründen. Typisch erscheint eine Episode die Julius Korngold, Nachfolger Eduard Hanslicks als Wiener Kritikerpapst, in seinen Memoiren von einem Abendessen mit Anton Bruckner berichtet: „[…] Da ging es auch gegen die Kritik, zumal gegen Hanslick und gewisse Novitäten los. ‚Ja, wenn ich so komponieren wollte…‘, sagte er und summte parodierend ein Thema in derdamals beliebten Robert Fuchs’schen ‚Serenadenweiß‘.“ – Korngold selbst dürfte Fuchs nichtsdestotrotz große Anerkennung entgegengebracht haben, wählte er ihn doch aufgrund seiner profunden Theoriekenntnisse explizit für die Unterweisung seines Sohnes Erich Wolfgang aus. Im Rückblick gibt er ein sehr anschaulich-prägnantes Bild von Fuchs: „Für ihn, den lieben, stillen, gütigen Lehrer, Ersinner nicht minder lieber, stiller, gütiger Serenaden, hatte ich eine fast zärtliche Verehrung aus meiner Konservatoriumszeit bewahrt […]. Ich hatte auch noch das Glück den Achtzigjährigen feiern zu dürfen, dem die silberne Alterskrone so schön stand. Als Komponist wurzelte er in jener alten Wiener Schule, die Franz Schubert, wie mit einem Rosenzweig winkend, auf die Pfade der Anmut und des Wohllautes gelockt, den Nicht-Wiener Schumann die Poesie des Kleinen gelehrt hatte. Mit feiner Selbstbescheidung hatte Fuchs, der liebenswürdige Steiermärker, an den Hochgebirgsschroffen der Kunst vorbeifreundlichem Hügelland zugestrebt, einer Musik der Schwärmerei, zarter Empfindsamkeit, anmutiger Geselligkeit, jenen Serenaden zu, die sich Veilchen bescheiden neben den Symphonien bücken. Kunstreicher war sein Satz, ernster die Stimmung, das Sinnige versonnener geworden, als Fuchs gleichanderen Wiener Musikern die Einflüsse Brahms erfuhr. Dessoff-Schüler am Wiener Konservatorium, wurde er selber Theorieprofessor an der Anstalt, blieb es an die vierzig Jahre, guten Samen ausstreuend, die Kraft seiner Lehre durch das Liebreiche seines Wesens fördernd […].“
Wie hieraus nicht zuletzt hervorgeht, war die Abstempelung zum „Serenaden-Komponisten“ früher folgt (wohl bereits mit der Erstaufführung der höchst erfolgreichen ersten Serenade op. 9 aus dem Jahr 1874) und schloss jede Anerkennung auf anderen Gebieten augenscheinlich weitgehend aus. Kein Wort davon, dass Fuchs immerhinden Beethoven-Preis für ein Klavierkonzert gewann und neben den erwähnten Symphonien (darunter einer Studienarbeit und einem Fragment) und Serenaden für nahezu jede Gattung komponierte. Von seinen beiden Opern erlebte „Die Königsbraut“ 1889 sieben Aufführungen an der Wiener Hofoper, während die kurz danach entstandene „Teufelsglocke“ ungespielt blieb. Er komponierte mehrere Messen und Orgelwerke, Lieder, Klaviermusik zu zwei und zu vier Händen sowie eine große Zahl an Duos, Trios, Streich- und Klavierquartetten. Unverkennbar wird man bei der späten Kammermusik die beschriebenen Brahms-Einflüsse wahrnehmen. Es mag gerade dieser Mangel an Originalität sein, der die Nachwelt eher zu Brahms selbst oder den neue Wege weisenden Fuchs-Schülern greifen ließ. Gerade auf der Suche nach dem „Ton“ jener Zeit, dem typischen Klangbild in den bürgerlichen Wiener Salons und Konzertsälen um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert bis hin zum Ende der Donaumonarchie und dem gesellschaftlichen Strukturwandel sollte man durchaus auch einen Blick und beide Ohren für Fuchs‘ Musik erübrigen.
Christian Heindl |
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